Freitag, 23. November 2007

Gracia Patricia – Märchenprinzessin mit kühler Erotik

Ihr Leben galt als Märchen, und sie hat alles getan, um das Bild der heilen Welt bis zu ihrem Tod vor 25 Jahren zu schützen. Nur mit wenigen Filmen eroberte Grace Kelly den Hollywood-Olymp, Alfred Hitchcock machte sie zur Inkarnation der kühlen Blonden. Doch schon mit 25 Jahren legte sich die elegante Schönheit durch die Hochzeit mit Fürst Rainier III. von Monaco auf die endgültige Rolle ihres Lebens fest.



Ihr Ruhm bescherte dem winzigen Staat ein Goldenes Zeitalter. Aber Grace Kelly war in den letzten Lebensjahren nicht immer eine glückliche Frau. „Sie dachte zuletzt voll Nostalgie an ihre verlorene Schauspielkarriere“, erzählt Thomas Pignot, Adelsexperte der französischen Zeitschrift „Point de Vue“. „Und die Fürstin machte sich viele Sorgen über ihre Kinder, besonders über die rebellische Stephanie.“
Als Gracia Patricia am 13. September 1982 auf dem Rückweg von der Sommerresidenz La Turbie in einer Haarnadelkurve die Gewalt über ihren Rover P6 verlor und 40 Meter in die Tiefe stürzte, saß Stephanie neben ihr. Die Fürstin starb einen Tag nach dem Unfall, die 17-jährige Stephanie überlebte schwer verletzt und verkraftete den Verlust ihrer erst 52 Jahre alten Mutter nur schwer.
Nicht nur der dramatische Tod, das ganze Leben von Grace Kelly scheint einem Roman entsprungen. 1929 wird sie als drittes Kind eines Selfmade-Millionärs aus Irland und einer deutschstämmigen Mutter in Philadelphia geboren. Durch die Aufnahme an einer New Yorker Schauspielschule gelingt der zarten Grace zwar eine erste Lösung vom streng katholischen Elternhaus. Aber ihre Liebe zum mehrfach geschiedenen Modeschöpfer Oleg Gossin wird in Philadelphia brüsk abgelehnt, die Hochzeitspläne platzen.
TV-Spots für Insektenspray
Ihren Lebensunterhalt verdient die Studentin mit Fernsehspots für Insektenspray. Doch es dauert nicht lange, bis Hollywood auf die makellose Schönheit aufmerksam wird. Schon ihre zweite Rolle in Fred Zinnemanns Western „12 Uhr Mittags“ mit Gary Cooper macht Grace Kelly berühmt. Unsterblich wird sie durch die Hitchcock-Klassiker „Bei Anruf Mord“, „Das Fenster zum Hof“ und „Über den Dächern von Nizza“. Besonders im letzten Film bringt sie wie zuvor nur Ingrid Bergman mit kühler Erotik die Männer um den Verstand.
Zu ihrem romanhaften Leben gehörte auch die erste Begegnung mit Rainier: Weil 1955 auf dem Filmfestival in Cannes die große Story fehlte, arrangierten Journalisten ein Treffen der begehrenswerten Diva mit dem allein stehenden Fürsten von Monaco, damals 31 Jahre alt. Der Beginn eines neuen Lebens der Frau, die oft als die schönste des 20. Jahrhunderts bezeichnet wurde. Denn leidenschaftliche Leinwandküsse von Grace mit Kerlen wie Cary Grant waren für den Herrscher des Kleinstaates fortan nicht tolerierbar.
Leidenschaft und Selbstverleugnung
Die Hochzeit am 18. April 1956 verfolgten drei Mal mehr Menschen an den Fernsehschirmen als die Trauung der britischen Queen. Die neue Fürstin verlieh Monaco, das bislang nur wegen seines Casinos einen zweifelhaften Ruhm besaß, ein neues, reines Gesicht. Und sie gebärt die ersehnten Nachkommen Caroline, Albert und Stephanie. „Für das 700 Jahre alte Geschlecht der Grimaldis begann eine neue Epoche“, erzählt Monaco-Kenner Pignot.
Doch er wittert hinter der Leidenschaft, mit der sich Gracia Patricia fortan um Familie, Pfadfinder und Floristinnenwettbewerbe kümmerte, auch Selbstverleugnung. „Ihr Leben war in zwei Hälften geteilt, von dem sie die eine zu früh verloren hat“, sagt er. Einen tiefen Schlag habe ihr schon die Absage versetzt, die sie Hitchcock Anfang der 60er Jahre erteilen musste, als der sie unbedingt für seinen Film „Marnie“ engagieren wollte.
Zu ihrem 25. Todestag gedenkt Monaco voll Wehmut seiner verlorenen Fürstin. Der Palast zeigt erstmals 15.000 Briefe, Fotos, Filme, Kleider und auch den Oscar, den Grace Kelly für „Ein Mädchen vom Lande“ erhielt. Die Ausstellung ist wie ein Buch, jeder Raum zeigt ein Kapitel aus ihrem Leben. „Sie war eine ganz außergewöhnliche Person“, sagt Maryel Girardin, die 25 Jahre als Schneiderin und Kinderfrau für Gracia Patricia arbeitete. „Sie war immer freundlich, hatte nie einen kommandierenden Ton.“ Und die Familie habe ganz eng zusammengehalten, „sie haben sich gegenseitig vergöttert“.
Das Fürstentum schmückte seine erste Zwei-Euro-Münze mit einem Porträt von Gracia Patricia. Erinnerungen an eine Zeit, die nicht mehr wiederkehrt: Mit dem Tod Rainiers vor zweieinhalb Jahren ging die schillernde Ära endgültig zu Ende. Sein Nachfolger, der stille Prinz Albert, ist weit pragmatischer. „Er kümmert sich um Umweltpolitik und regiert wie ein moderner Verwalter,“ sagt Pignot. Die Zeit der Märchen sei vorbei. „Monaco ist in der nüchternen Gegenwart angekommen.“

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